Dr. Sascha Faradjli, ZZB, bewarb sich für das Amt des zweiten Vizepräsidenten der Bundeszahnärztekammer

25/7/21
Standespolitik

Interview mit dem BZÄK-Vize-Kandidaten Dr. Sascha Faradjli

Hintergründe zu seiner Kandidatur in Berlin

 

Am 4. und 5. Juni 2021 ereignete sich auf der zahnärztlichen Bundesebene etwas Bedeutsames.  Im Berliner Kongress-Hotel Estrel kamen 166 Zahnärztinnen und Zahnärzte aus 17 Landeszahnärztekammern als Delegierte zur außerordentlichen Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer(BZÄK) zusammen.  Im Vordergrund standen die Wahlen des dreiköpfigen Präsidiums der BZÄK für die nächsten vier Jahre. Insgesamt wurden acht Kandidatenvorgeschlagen.  

Für die Wahl des Präsidenten kandidierten Prof. Dr. Christoph Benz (Bayern), Prof .Dr. Dietmar Oesterreich (Mecklenburg-Vorpommern) und Dr. Michael Frank (Hessen); für die Wahl des/der ersten Vize Konstantin von Laffert (Hamburg), Barbara Plaster (Berlin) und Dr. Monika Büscher-Winkelmann (Westfalen-Lippe)  und für das Amt  des / der zweiten Vize  bewarben sich Dr. Romy Ermler (Brandenburg),  Dr. Sascha Faradjli (Bayern) und erneut die Zahnärztinnen Plaster und Büscher-Winkelmann. Prof. Benz, bis dato Vizepräsident, wurde in zwei Wahlgängen mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt und löst damit Dr. Peter Engel ab, der 13 Jahre dieses Amt innehatte.  Unter rührendem Beifall verabschiedete sich Dr. Engel von der Bundesszene der Zahnärzte.  

Neuer erster Vizepräsident wurde Konstantin von Laffert. Mit Dr. Romy Ermler als zweite Vizepräsidentin trat erstmals eine Frau in den Vorstand der BZÄK ein. Doch als  zum letzten Wahlgang  fast sicher schien, dass eine Frau ins Präsidium gewählt werden würde, trat Dr. Faradjli, einer der jüngsten Delegierten und nach Prof. Benz der zweite Bewerber aus München, überraschend  gegen drei Frauen an.

Dr. Axel Wiedenmann vom Verband Zukunft Zahnärzte Bayern (ZZB) führt ein Interview mit seinem Verbandskollegen Dr. Sascha Faradjli zu den Hintergründen seiner Kandidatur zur Bundeszahnärztekammer.

Wiedenmann:  Zunächst zu Ihrer Person. Warum halten Sie sich qualifiziert für ein Spitzenamt der zahnärztlichen Standespolitik?

 

Faradjli:  Seit über zehn Jahren bin ich in der Standespolitik durchgehend aktiv, führe seit 2005 eine Praxis und bin mit allen Herausforderungen, Facetten und Problemen unseres Berufes befasst und vertraut. Jahr für Jahr wird der fehlende Nachwuchs in unserer Standesvertretung spürbar, was sich in der Altersstruktur der Bundesversammlung der Zahnärzte widerspiegelt. Wir können uns nicht lange vor der Frage drücken, wie viele von uns in der Zukunft noch mit der nötigen Zeit und Leidenschaft unsere Interessen ernsthaft und zuverlässig vertreten können und wer sich mit den immer komplexeren Erschwernissen in unserer Berufsausübung politisch auseinandersetzen würde. Den Ruf, als Delegierter nach Berlin zu kommen, nahm ich also als Signal, etwas zu bewegen und verantwortungsvoll zu handeln.

 

Wiedenmann:  Wie erklärt sich Ihr für viele unerwarteter Schritt, sich für das Amt des zweiten Vizepräsidenten der Bundeszahnärztekammer zu bewerben?

 

Faradjli:  Tatsächlich schien meine Kandidatur für Überraschung zu sorgen. Denn es waren bekannte Namen schon im Gespräch, die als Kandidaten für die drei Präsidialposten vorgeschlagen werden sollten. Zuvor hatten sich zwei Teams beworben, genauer gesagt zwei Triumvirate, und Prof. Benz als Einzelkandidat. Nach intensiven Gesprächen mit Kollegen der bayerischen Delegation und gründlicher Überlegung bewarb ich mich schließlich kurz vor Mitternacht des Vortages der Wahl.

 

Wiedenmann:  Hat die Verbandspolitik für Ihre Kandidatur eine Rolle gespielt?

 

Faradjli:  Nicht wirklich. Wenn ich mich für die Ideale der Freiberuflichkeit einsetzen möchte, tue ich das aus der Motivation eines freiberuflichen Zahnarztes heraus, frei von einer Verbands-oder Parteiabhängigkeit. In meinem ZBV- und Kammergebiet habe ich bisher den Berufsstand in München und Bayern vertreten. Ich finde, ein Engagement in der Bundeszahnärztekammer sollte in erster Linie den Interessen von Zahnärzten und ihren Patienten und damit dem Gemeinwohl  bundesweit dienen. Die Bundeszahnärztekammer ist im Gegensatz zu den Landeskammern keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern ein eingetragener Verein. Gerade diese Form der Organisation soll das Ziel bestärken, übergeordnete Interessen gemeinsam verfolgen zu können.

 

Wiedenmann:  Neben Prof. Christoph Benz wären Sie das zweite Präsidiumsmitglied aus dem gleichen Bundesland, sogar aus der gleichen Stadt. War das eine Hürde für ein besseres Wahlergebnis?  

 

Faradjli: (lächelt) Ja – neben den offiziellen Verfahrensregeln existieren natürlich eine Reihe inoffizieller „Gepflogenheiten“, die traditionell Einfluss  auf die demokratischen Vorgänge nahmen. Einer lautet: „Du sollst nicht kandidieren, wenn ein Gewählter aus deinem Bundesland stammt.“  Aber aus meiner Sicht sollten diese Überlegungen in Zeiten ständig abnehmenden standespolitischen Engagements nicht im Vordergrund stehen. Wenn Sie so wollen, war auch die Wahl von Prof. Benz zum Präsidenten für viele eine positive Überraschung. Unabhängig der ungeschriebenen Gesetze habe ich mich daher auf Anraten meiner Kollegen zur Kandidatur entschlossen und bin dabei auch auf Zustimmung von Prof. Benz gestoßen. Meine freie Kandidatur hat - unabhängig vom Wahlergebnis - zum demokratischen Gedankengut beigetragen.

Geht man nur Gewohnheiten und Tagesordnungen nach, würde die Demokratie einschlafen und irgendwann still und elegant umgangen werden.

 

Wiedenmann:  Sie sind im Wahlgang für den zweiten Vizepräsidenten gleich gegen drei Frauen angetreten. Dass zum ersten Mal eine Frau ins Präsidium gewählt werden soll, war Ihnen doch bekannt?

 

Faradjli:  Ich bin gegen niemanden angetreten, sondern für die Zahnärzteschaft. Alle Kolleginnen und Kollegen, die mich näher kennen, wissen um meine Selbstlosigkeit, wenn es um gemeinschaftliche Werte geht. Ich begrüße es natürlich, dass unser inzwischen mehrheitlich feminin besetzter Berufsstand seine Geschicke auch einer Frau an der Spitze anvertrauen kann. Kurz vor Stimmenabgabe, sagte mir eine Kollegin, dass sie mich gerne wählen würde, aber sie müsse sich diesmal solidarisch zeigen und ihre Stimme einer Frau geben. In dieser ehrlichen Offenbarung erklärt sich, welche Dynamik hinter einer Wahl wirkt.

 

Wiedenmann:  Von den acht Kandidaten haben Sie angeblich die längste Rede gehalten…?

 

Faradjli:  So etwas kann passieren! Es gab vorher Stimmen, die behaupteten, dass man sich nicht länger als drei oder fünf Minuten vorstellen dürfe. Der Versammlungsleiter gab eine Redezeit von 10 Minuten vor. Bei mir dauerte es etwas länger als 12 Minuten. Diese Zeit habe ich benötigt, um darzustellen, wie wichtig die Förderung desstandespolitischen Nachwuchses für die Zukunft sein wird, wenn man bedenkt, dass ich mit 49 Jahren der jüngeren Generation von Standespolitikern angehöre. Ein weiteres Anliegen von mir war und ist die Stärkung der Einzelpraxen, in die ich lieber Engagement einbringen möchte, als in den Kampf gegen die zunehmende Verbreitung undefinierter MVZ-Großinvestoren. Alle wesentlichen Problempunkte unseres Berufes wie Honorierung, Budgetierung, Fachkräftemangel, Bürokratie-Chaos, Kostenexplosion, digitale Pannen etc. machen sich konzentriert und qualvoll gerade in der Einzelpraxis bemerkbar. Hier sind die ersten Baustellen, denen wir unsere Aufmerksamkeit widmen müssen. Natürlich war es auch angebracht, den Delegierten über meine fast 11 Jahre lange Erfahrung  in der Standespolitik und die bisherigen Engagements zu berichten, wie die Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Redakteur und Referent für Öffentlichkeitsarbeit in einem der  größten Zahnärztlichen Bezirksverbände Süddeutschlands.

 

Wiedenmann:  Apropos Redaktionsarbeit. Sie sind seit knapp sieben Jahren für die Chefredaktion des Zahnärztlichen Anzeigers für München verantwortlich. Während Ihrer Rede in Berlin haben Sie stolz ein Exemplar Ihres Zahnärzteblatts hochgehalten…  

 

Faradjli:  Dieses Heft ist das Produkt eines kreativen und gut harmonierenden Teams, in dem ich schon seit 2011 intensiv mitarbeite. Die Redaktionsarbeit hat mir immer Freude bereitet -an Wochenenden, zu späten Abendstunden oder mitten im Urlaub. Die Standespolitik kennt eben keine Pausen. So haben wir den Zahnärztlichen Anzeiger qualitativ stets weiterentwickelt, worauf ich natürlich stolz bin. Ich finde, dass sich unser Ergebnis von Teamarbeit, Gründlichkeit und Zuverlässigkeit sehen lassen kann. Genau diese Werte wollte ich mit meiner Kandidatur nach Berlin tragen und habe sie mit diesem Exemplar in der Hand vom Rednerpult hinaus demonstriert.

 

Wiedenmann:  Wären Sie doch zum zweiten Vizepräsidenten gewählt worden, wären neben Ihrer Praxis und dem ZBV München auch noch etliche Fahrten nach Berlin hinzugekommen?

 

Faradjli:  Das hätte ich sogar begrüßt!  Ich habe mein Studium 1999 in Berlin abgeschlossen und habe dort meine Assistenzzeit begonnen. Damals erlebte Berlin einen weiteren Aufschwung nach der Wende.  Es herrschte eine positive, solidarische Aufbruchsstimmung, die auch mich durch die Jahre dort getragen hat. Im Studium mit einem sehr erfolgreichen Examen, in der Gesellschaft, in der Kulturszene und während meines Einstiegs ins Berufsleben. Das Klima in Berlin tat mir allgemein sehr gut. Mit dieser Stadt verbinde ich immer Tatendrang, Offenheit und Vielseitigkeit.  Auch jetzt würde ich gerne dem neuen Präsidium meine tatkräftige Unterstützung vor Ort anbieten.

 

Wiedenmann:  2022 stehen für bayerische Zahnärzte große Wahlen an. Die KZVB und die Kammer werden neu aufgestellt. Was wünschen Sie sich für diese Wahlen?

 

Faradjli:  Ein großer Wunsch ist, dass das Prinzip Authentizität eingehalten wird.

 

Wiedenmann:  Und das wäre?

 

Faradjli:  Zum Beispiel, dass Listen mit Kandidaten aufgestellt werden, die sich standespolitisch ernsthaft engagieren können und wollen und nicht nur zum Ankreuzen akquiriert werden.

Insbesondere wünsche ich mir eine rege Beteiligung vieler junger Kolleginnen und Kollegen, um unsere freiberufliche Zukunft aktiv mitzugestalten.

 

 

Wiedenmann:  Vielen Dank für das Interview!

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