Ende des unabhängigen Gutachterwesens in Bayern?
MDK ante portas
Am 13.12.2017 fand die Gutachtertagung der einvernehmlich bestellten Gutachter der KZVB statt und am 13. 1. 2018 folgte die Gutachtertagung der BLZK.
Auf beiden Veranstaltungen wurden erstmalig auch die Gutachter des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) geladen.
Das ist neu! Denn in den Zeiten der ZZB geführten KZV waren die Gutachter des MDK nicht als einvernehmlich bestellte Gutachter anerkannt. Der zahnärztliche Leiter des MDK in Bayern hatte bereits 2005/ 2006 mit dem damaligen Gutachterreferenten, Dr. Armin Walter, über eine Teilnahme der MDK Gutachter an Gutachtertagungen der KZVB verhandelt - Walter lehnte aber eine Ausbildung der MDK Gutachter auf Kosten der bayerischen Zahnärzte ab.
MDK nicht zuständig
Der MDK ist eine vom Gesetzgeber eingerichtete Institution, die von den Krankenkassen finanziert wird. Die Gutachter des MDK sind somit durch die Krankenkassen alimentiert und somit nicht unabhängig. Darum lehnte ZZB eine Begutachtung durch den MDK für die vertragszahnärztlichen Versorgungen strikt ab. Auch das bayerische Landessozialgericht bestätigte in einem Präzedenz- Urteil 1998, dass die Krankenkassen eine leistungsrechtliche Entscheidung nicht mit einer Stellungnahme des MDK begründen dürfen. Die von den Kassen trotzdem gepflegte Praxis, Gutachten beim MDK in Auftrag zu geben, wurde von ZZB immer bekämpft.
Der Aufgabebereich, den der Gesetzgeber dem MDK zugeteilt hatte, ist im SGB V beschrieben. Hier heißt es:
§ 275 Begutachtung und Beratung
(1) Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,
1.
bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung,
2.
zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe, insbesondere zur Koordinierung der Leistungen nach den §§ 14 bis 24 des Neunten Buches, im Benehmen mit dem behandelnden Arzt,
3.
bei Arbeitsunfähigkeit
a)
zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder
b)
zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit
eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst) einzuholen.( Unterstreichung durch den Autor)
Diese Aufgabenstellung ist sinnvoll. Sie betrifft allerdings die Versorgung mit Zahnersatz nicht und ist auch nicht auf die Beurteilung eingesetzten Zahnersatzes anwendbar.
Der Gesetzgeber hat im SGB V vorgegeben und die Beteiligten am Bundesmantelvertrag haben entsprechend das Gutachterwesen im zahnärztlichen Bereich in Anlage 17 BMV Z vereinbart:
§ 2 Einleitung des Gutachterverfahrens
(1) …..1Die Krankenkasse kann den bei ihr eingereichten Heil- und Kostenplan in Bezug auf den Befund, die Versorgungsnotwendigkeit und die geplante Versorgung begutachten lassen, auch wenn Leistungen der gleich- oder andersartigen Versorgung geplant sind……
Bereits die Aufgaben des vertraglich vereinbarten Gutachtens unterscheiden sich eindeutig von den Aufgaben des MDK nach § 275 SGBV. Bei der Planung von Zahnersatzversorgungen geht es um die Beurteilung des Befundes, der Versorgungsnotwendigkeit (entsprechend den Behandlungsrichtlinien) und der geplanten Versorgung. Diese Aufgabestellung hat nichts mit der in § 275 SGBV beschriebenen Aufgaben zu tun, beantragte Leistungen zu prüfen, wenn es nach Art Schwere Dauer und Häufigkeit erforderlich ist. Eine Begutachtung einer Zahnersatzversorgung fällt nicht wegen Art Schwere Dauer und Häufigkeit in den Zuständigkeitsbereich des MDK.
Kein Widerspruch möglich
Ein weiteres Problem ergibt sich bei einem falschen MDK Gutachten. Anders als im vertraglich vereinbarten Gutachterwesen sind hier keine Widerspruchsverfahren geregelt. Der Zahnarzt kann gar nicht widersprechen. Der Patient kann nur bei der Krankenkasse einen Widerspruch gegen seine negative leistungsrechtliche Entscheidung einlegen, die in einem formalen Verfahren innerhalb der Krankenkasse abgehandelt werden muss.
Faktisch erlangt das Gutachten des MKD so einen fachlich unkorrigierbaren Sonderstatus zu Lasten des Versicherten.
Keine transparente Qualifikation
Problematische ist, dass die fachliche Qualifikation und die kollegiale Akzeptanz der MDK Gutachter nicht durch die Gremien der Zahnärzteschaft geprüft wird, weil die Bestellung allein und nicht transparent vom MDK vorgenommen wird.
Es ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass die Krankenkassen mit dem MDK ein Instrument einsetzen, ihre Ausgaben im Bereich der Zahnersatzversorgung in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Gutachten zensiert
Tatsächlich zeigten sich in den letzten Jahren viele Stellungnahmen des MDK falsch und grob falsch. Offenbar fehlen Kenntnisse oder es wird einseitig gegen die Interessen der Patienten entscheiden.
Auch haben mir Gutachter des MDK berichtet, dass ihre Gutachten intern zensiert wurden, geändert werden mussten oder bei nicht Gefallen nicht versandt worden sind.
ZZB lehnt MDK Gutachten ab
Gegen eine Begutachtung durch den MDK hatte sich ZZB immer energisch gewandt und für die Begutachtung durch die einvernehmlich bestellten Gutachter gekämpft. Die ZZB geführte KZVB hatte den bayerischen Zahnärzten/ innen empfohlen, Gutachten nur bei einvernehmlich bestellten Gutachtern zu akzeptieren.
FVDZ hofiert MDK
Die Einladung der MDK Gutachter zu den Gutachtertagungen der KZVB und der BLZK dokumentiert offenkundig, dass der FVDZ den Widerstand gegen die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen aufgegeben hat.
Die Krankenkassen werden sich über den Schmusekurs des FVDZ freuen. Die Zahnärzte und ihre Patienten werden zukünftig im besonderen Maße die Verlierer sein. Der FVDZ setzt nach den Millionengeschenken an die AOK im Jahr 2017 auch im Jahr 2018 weiterhin seinen Kurs im Sinne der Krankenkassen fort.
Einbindung der hauptamtlichen AOK Zahnärzte durch KZVB
Die Aufgabe der Vertretung zahnärztlicher Interessen zeigt der FVDZ auch mit der am 24-1-2018 bekanntgegebene Öffnung der Gutachterwebsite der KZVB für die hauptamtlich angestellten Zahnärzte der AOK Bayern. Auch das hatte ZZB immer abgelehnt. Hauptamtliche Gutachter der AOK Bayern nehmen nicht an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil und sind somit keine Mitglieder der KZVB. Sie betreiben keine praktische Zahnheilkunde und beurteilen fast immer ohne körperliche Untersuchung der Patienten.
ZZB lehnt nach wie vor die Begutachtung zahnärztlicher Planungen und Nachbegutachtungen durch den MDK ab. Das Gutachterwesen muss objektiv und neutral bleiben. Das Interesse der Zahnärzte und ihrer Patienten stand für ZZB immer an erster Stelle.
Das Gutachterwesen muss unabhängig von pekuniären Interessen der Krankenkassen mit kompetentem zahnärztlichen Sachverstand geführt werden.
Die Anerkennung der MDK Gutachter ist ein erheblicher Schaden für die unabhängige und freie Ausübung der Zahnheilkunde in Bayern.
25. Januar 2018
Dr. Armin Walter
Vorsitzender ZZB