ZZB Landesversammlung 2020

22/11/20
Standespolitik

Zukunft Zahnärzte Bayern e.V.

Bericht über die Landesversammlung 2020

 

 

Am 17.10.2020 trafen sich die Mitglieder der Berufsvertretung Zukunft Zahnärzte Bayern zur jährlichen Landesversammlung im Hilton am Tucherpark in München.

Corona-bedingt fand die Präsenz-Veranstaltung entsprechend den Hygienevorschriften und mit Abstand statt, was der guten Stimmung nicht abträglich war.      

Corona-Krise hin oder her, für die Zahnärzte und ihre Patienten gibt es wüste Baustellen, die dringend angegangen werden müssen; gemeint sind freilich nicht Karies &Co, sondern die mangelhafte Anpassung der zahnärztlichen Honorare und die Gefährdung der Datensicherheit. Aber damit nicht genug: Die Erschwernisse zu thematisieren, mit denen die Entscheidungsträger die Problemlösung behindern, dies und konkrete Zielsetzungen hat sich ZZB zum Gegenstand seiner Landesversammlung im Oktober 2020 gemacht. Aus allen bayerischen ZBV-Bereichen(Zahnärztliche Bezirksverbände) waren Mitglieder eingeladen, an einemzielorientierten Austausch teilzunehmen.

Dr. Armin Walter, Vorsitzender des Vorstands, führte in seinem Rechenschaftsbericht drei kritische Punkte zur Tätigkeit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB)  aus:

1.Honorarverhandlungen mit der AOK. Der KZVB ist es für 2019 nicht gelungen, eine Honorarsteigerung für die bayerischen Zahnärzte in Höhe der Grundlohnsummen-steigerung (GLS) bei AOK-Bayern-Versicherten durchzusetzen. Der Abschluss unter der GLS kostet bayernweit 2,1 Millionen Euro Honorar, was pro niedergelassenen Zahnarzt ca. 2.500 Euro im Jahr weniger Honorar bedeutet. Als Verhandlungserfolg stellte die KZVB dar, dass dafür die Bagatellgrenzen bei der Wirtschaftlichkeits-prüfung von 5 € auf 10 € angehoben wurde, was für die von der Prüfung Betroffenen aber bestenfalls 700.000 € weniger Rückzahlung an die AOK bedeutet. Der HVM kam nicht zum Einsatz, weil die Vergütungsobergrenzen nicht überschritten wurden. Der neue HVM ist leistungsfeindlich, weil die KZVB den Zahnärzten mit hohen Rück-forderungen wegen Mehrleistungen in Höhe von 10 – 15% ihres KCH- Honorars droht.  Erst wenn der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) greifen sollte, bekommen viele Zahnärzte weitere Honorarverluste zu spüren. Auch 2020 habe die KZVB sich nicht rechtzeitig um die Verhandlungen gekümmert, so dass die AOK sogar von sich aus der KZVB Vorschläge unterbreitet habe, so Walter.  Es sei bedenklich, dass die KZVB die Verhandlungen für die Honorare im Jahr 2020 erst gegen Ende dieses Jahresangeht. Im Vergleich zu den Verhandlungen der KZV Baden-Württemberg, die bereits Anfang des Jahres 2020 mit +3,30% für die Zahnärzte zum Abschlusskamen, habe die KZVB mit der AOK- Bayern für 2020 nur rückwirkend 3,33 %Punktwertsteigerung erreichen können bei einer GLS von 3,66%. Vollkommen unberücksichtigt bleiben die deutlich gestiegenen Kosten aufgrund der Hygienemaßnahmen im Rahmen der Corona- Pandemie.

Auch die mangelnde Transparenz der Kassen-Verhandlungen für die Zahnärzte wurde kritisiert. Einer Wortmeldung zufolge gebe es diesbezüglich keine detaillierten Veröffentlichungen von der KZVB, schließlich hätten Vertragszahnärzte aber das Recht zu erfahren, was in ihren laufenden Verträgen stünde.

2.Management in Corona-Zeiten durch die KZVB. Dr. Walter berichtet weiter, dass von der Bundesebene aus sich für die Ärzte viel getan hätte, was auch im SGB V verankert ist. Wolfgang Eßer (KZBV-Vorstand) hat analog zu den Ärzten auch für die Zahnärzte Zuschüsse in Pandemiezeiten gefordert, was auch die Zustimmung vom Bundesgesundheitsminister Spahn fand. Das Vorhaben scheiterte an der Ablehnung durch Finanzminister Olaf Scholz. Dazu trug auch die mangelnde Unterstützung durch die KZV Hamburg (Stefan Baus) bei, die aufgrund der womöglich bundesweitbesten Honorarabschlüsse mit einem Gesamtausschöpfungsvertrag, der den Zahnärzten in Hamburg in jedem Fall eine 100%- ige Ausschöpfung garantiert, einen Bedarf für hohe Abschlagszahlungen sah. Die KZVB sei von solchen Ergebnissen weit entfernt. Den Schutzschirm der KZVB in Form eines Praxis-Pakets mit wenigen Packungen Handschuhe, Mundschutz und Desinfektionslösung bezeichnet Dr. Walter als unzureichend. „Die Apothekenwaren in Beschaffungsmaßnahmen für Mundschutz und Desinfektionsmittelkonsequenter und schneller. Der kleine Karton für jede Praxis war nur ein Tropfen auf heißen Stein“, so Walter; aus Bequemlichkeit der KZVB würde die Zahnärzteschaft nicht optimal vertreten.

3.Steigende Zahl von Berichtigungsanträgen.  Berichtigungsanträge der Kassen würden in der Regel 1:1 von der KZVB an die jeweiligen Zahnärzteweitergeleitet. Es handelt sich unter anderem um Regress bei Zahnersatzmaßnahmen vor Genehmigung des HKP auch bei Notfallbehandlungen, Absetzung von Paro-Leistungen ohne aktuelles Röntgenbild u.v.a. mehr. Ginge es nach dem Willen einzelner Krankenkassen, müssten die Patienten unversorgt bis zu Wochen auf die Genehmigung der Behandlung warten. Durch diese Berichtigungsanträge werden die Honorare nicht erstattet und sogar das Geld für die Nebenleistungen gekürzt. Zahnärzte müssen sich im Alleingang darum kümmern und werden von der KZVB in Stich gelassen, kritisierte Walter.  Auch bei den Restriktionen bei notwendigen, wiederholten Endodontie-Maßnahmen finden Zahnärzte keine Unterstützung.

An dieser Stelle berichtet Prof. Fischer-Brandies über einen laufenden Gerichtsprozessgegen die KZVB wegen einer im Bema geöffneten chirurgischen GOÄ-Leistung (GOÄ2650), die grundsätzlich abrechenbar ist, aber von der KZVB nicht anerkannt werden würde. Den Prozess habe die KZVB in der ersten Instanz verloren. Die Chancen stehen daher günstig für die Zahnärzte. Ein weiteres Verfahren zu einer Schleimhaut-Plastik-Leistung werde demnächst angegangen werden.

Dr. Walter fasst mehrere Punkte zusammen, die beschreiben sollen, dass die KZVB eher Kassen-freundlich als Zahnarzt-freundlich agiert und dass sie notwendige Arbeiten lieber an die Mitarbeiter der KZVB weiterdelegiert:

- Gutachter scheinen Heil- und Kostenpläne grundsätzlich ablehnen zu müssen, wenn eine provisorische Behandlung auch dringender Fälle bereits erfolgt ist.

- Abweichend vom Delegationsrahmen der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) dürfen Zahnmedizinische Fachangestellte in Bayern keine PA-Behandlungen im Sinne von Entfernung klinisch erreichbarer Beläge und Konkremente durchführen.

- Die BZÄK erklärt intraorales Scannen und digitale Abformung an qualifiziertes Personaldelegierbar, was ein Kölner Oberlandesgerichtsurteil bestätigte.  Dieses werde von der KZVB aber abgelehnt.

-Rettungsgeld. Der Gesetzgeber hat bestimmt, dass die KZVen einen Abschlag von den Kassen erhalten in Höhe von 90% der Werte des Vorjahres.  Mit Freiverbands-mehrheit hat die VV der KZVB bestimmt, dass Corona bedingt in wirtschaftliche Not geratene Zahnärzte in Bayern zunächst eine Steuerberater-Bilanz und eine Bankbürgschaft vorlegen müssen, bevor die KZVB tätig wird. Die Hilfen kommen somit bei den Betroffenen nicht an. Solidarität in Krisenzeiten sieht anders aus, beurteilte Walter diese „Hilfe“. Die bayerischen Zahnärzte können auf diese als „Hilfe“ propagierte Aktion verzichten.

-  Die KZVB habe 1 Mio. Euro im Haushalt für sachlich-rechnerische Berichtigungen eingestellt. So wäre das Geld, das nach Prüfung möglichweise den Zahnärzten zustünde, vergeudet, um der KZVB keine Arbeit zu bereiten.

- 2019 hat ZZB den Antrag gestellt, dass bei den Honorar-Verhandlungen die Grundlohnsummensteigerung erreicht wird. Der Antrag wurde von der FVdZ-Fraktion abgelehnt.

- Die Verwaltungskosten sind für die Zahnärzte aufgrund eines Antrags des KZVB-Vorstands um über 30% gestiegen.

Nach Berichten aus den Körperschaften BLZK, KZVB und den ZBVen wurde im Zuge einer regen, kollegialen Diskussion die künftige Arbeit des ZZB besprochen, besonders wurde die Plakat-Aktion des ZZB gegen die ePA-Einführung gelobt, die in einer Aussendung alle bayerischen Zahnarztpraxen erreichen und sie und deren Patienten vor Verlust der Datenhoheit durch die zentrale, digitale Speicherung der Patientenakte warnen sollte.

Zum Abschluss der Versammlung formulierte ZZB seine standespolitischen Positionen und Forderungen:  

1.Ausgleichzahlungen  

ZZB fordert finanzielle Ausgleichzahlungen durch die Krankenkassen für die Bereitstellung der zahnärztlichen Versorgung bei Honorarminderung durch Rückgang der Patientenzahlen in Folge von Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophen.

 

2. Hygiene und Schutzausrüstungszuschlag bei Pandemien oder Katastrophen in der BEMA

ZZB fordert die Bereitstellung von Schutzausrüstungen für die zahnärztliche Versorgung im Pandemiefall durch Krankenkassen sowie eine Zuschlagsposition im BEMA für erhöhten Sprechstundenbedarf für Hygienemaßnahmen, Schutzausrüstung etc. und Zuschlagspositionen für erhöhte Vorbereitungs- und Aufklärungszeiten bei der Behandlung im Pandemiefall.

3. ePA

ZZB fordert, die Speicherung von Patientendaten auf zentralen Servern zu unterlassen.

 

4. ePA nur mit neuen extrabudgetären BEMA-Positionen  

ZZB fordert ausreichende Honorare für die Dateneingabe in die ePA und den zeitlichen Aufwand für das Lesen, Erfassen und Abspeichern relevanter Patientendaten aus der ePA. Hierzu sind extrabudgetäre BEMA-Positionen einzuführen.

 

5. Transparenz der Vertragsvereinbarungen mit den Krankenkassen in Bayern.

ZZB fordert die KZVB-Führung auf, die Verträge über Vergütungsvereinbarungen mit den Krankenkassen zeitnah und vollständig zu veröffentlichen.

 

6. unreflektierte sachlich-rechnerische Berichtigung

ZZB fordert die KZVB-Führung auf, Regressansprüche der Krankenkassen sachlich zu prüfen und grundsätzliche Abrechnungsdifferenzen mit den jeweiligen Krankenkassen zu klären.  

 

7. Publikationen der Organe

ZZB fordert die KZVB-Führung auf, die Medien der Körperschaften nicht für Beschimpfungen oder Beleidigungen andersdenkender Kollegen zu missbrauchen.

 

Trotz der corona-bedingten Widrigkeiten war die Landesversammlung mit vielen Wortbeiträgen, vielen konkreten Vorschlägen und einer lebendigen Diskussion ein mutmachendes Zeichen gelebter Standespolitik.  Die standespolitischen Forderungen von ZZB skizzieren die Aufgaben der kommenden Jahre. Die von den Teilnehmern als spannend und mitreißend beschriebene Versammlung wurde um 17:30 Uhr beendet.

 

Dr. Sascha Faradjli

Zukunft Zahnärzte Bayern e.V.

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