Liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

in meinem letzten Artikel mit dem Titel „Arbeitszeiterfassung – Pflichten und Perspektiven“ habe ich die Hintergründe für die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes dargestellt. Ein Betriebsrat hatte vor dem höchsten deutschen Arbeitsgericht geklagt, da er sich in seinen Rechten nicht ausreichend gewürdigt fühlte und der Meinung war, dass er selber ein Initiativrecht zur Einführung einer elektronischen Arbeitszeiterfassung habe, was ja verneint wurde, gleichzeitig aber zur Aufforderung der Einführung einer Arbeitszeiterfassung gemäß „Stechuhr-Urteil“ des EuGH (Rs. 55/18 CCOO) führte.

 

Da arbeitnehmernahe linke Parteien und Gewerkschaften dies als weiteren bürokratischen Triumph über die Arbeitgeber feierten, sei an dieser Stelle der Ordnung halber ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (Az.: 13 Sa 1007/22) zum Thema Arbeitszeitbetrug angeführt. Es ging um folgenden Sachverhalt:

 

Eine Raumpflegerin hatte sich zu Beginn ihrer Arbeitszeit bei dem Betrieb eingestempelt. Kurz danach ging sie im gegenüberliegenden Lokal einen Kaffee trinken. Dafür stempelte sie sich bei der elektronischen Zeiterfassung jedoch nicht aus. Der Arbeitgeber beobachtete die Raumpflegerin. Als er sie auf ihr Verhalten ansprach, leugnete die Frau dies zunächst. Erst als der Arbeitgeber anbot, ihr ein Beweisfotos auf seinem Handy zu zeigen, räumte die Raumpflegerin ihr Fehlverhalten ein.

 

Der Arbeitgeber kündigte der Frau fristlos. Gegen diese Entscheidung klagte die Raumpflegerin. Sie hielt die Kündigung für unverhältnismäßig. Ihr Argument: Es habe sich um ein einmaliges Vergehen gehandelt.

 

Das Gericht entschied, dass die Kündigung rechtmäßig war. Bei einem vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr sei ein wichtiger Grund gegeben, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Der Vertrauensbruch sei enorm. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Auch wenn es in diesem Fall nur um etwa zehn Minuten ging, sei eine Abmahnung entbehrlich. Denn dies hätte nach Auffassung des Gerichtes nicht dazu geführt, dass die Beschäftigte ihr Verhalten künftig ändert.

 

Ein vermeintlich hartes Urteil, das indessen hervorhebt, dass im Zweifel auch der Arbeitgeber in Sachen Arbeitszeit der Benachteiligte sein kann. Denn Pausen, egal wie lange diesen sind, gehören eben nicht zur bezahlten Arbeitszeit.

 

Sie sollten demzufolge Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihren Praxen über die Kehrseite der Arbeitszeiterfassung, nämlich den Arbeitszeitbetrug aufklären, denn eine korrekte und vollständige Arbeitszeiterfassung betrifft beide Seiten.

 

 

 

 

 

Fazit:

Es zeigt sich vor diesem Hintergrund wieder einmal, dass der Bürokratie-Fetischismus keine regulierende, sondern eine durchaus destruierende Wirkung auf Beschäftigungsverhältnisse haben kann, die auf Grundlage von gegenseitigem Vertrauen problemlos funktionieren.

 

Gefördert werden mitunter das Misstrauen und der Kontrollwahn, beides keine Grundlagen für ein harmonisches Betriebsklima. Daher ist zu hoffen, dass eine Regelung mit Weitsicht für Kleinbetriebe wie Arzt- und Zahnarztpraxen vom Gesetzgeber beschlossen wird, die der bewährten Vertrauensarbeitszeit die Tür offenlässt.

 

Herzliche Grüße

Ihr / Euer

Zsolt Zrinyi

Co-Referent für Praxisführung des ZBV München